JOHANENLIES – der stylische Berliner Interior Store made of recyceltem Bauholz JOHANENLIES – der stylische Berliner Interior Store made of recyceltem Bauholz
JOHANENLIES – der stylische Berliner Interior Store made of recyceltem Bauholz

SPOTTED // Johanenlies // 

Wir trafen die Macher des Interior-Stores Johanenlies Mike Raaijmakers und Coco Prange und lernten dazu: Recyceltes Bauholz muss nicht immer wuchtig sein und Altes kann so schön neu sein. Aber lest selbst.

 Was ist die Idee von Johanenlies?

Vorab gesagt: So, wie du den Store bisher kanntest, gibt es ihn nicht mehr. Wir sind gerade dabei, einen neuen Showroom einzurichten, und zwar mit dem State Studio in Schöneberg. Das State Studio ist ein Kunstraum an der Schnittstelle zu Kunst und Technik. Sie bieten verschiedene Projekte für größere Firmen als Agentur an, haben aber auch eine eigene Ausstellungsfläche und organisieren gleichzeitig ein Festival in Berlin.

 Recyceltes Bauholz, wie kann ich mir dieses Material stilistisch vorstellen? Was ist die Idee dahinter?

Mike, der Designer und Ideengeber, kommt ursprünglich aus den Niederlanden. Da wird wahnsinnig viel mit Holz gearbeitet, das vom Bau kommt oder von verschiedenen Tiefbaufirmen und sonst einfach weggeschmissen wird. Dabei kann man daraus so viel machen, z. B. ganz tolle Möbel: Tische, Betten ... das ist der Ansatz.
Das Bauholz-Design, das es bisher gibt und das in den Niederlanden praktiziert wird, ist oft sehr robust, eher im Landhaus-Stil, stark industriell, auf eine wuchtige Art und Weise. Wir versuchen, dieses Bauholz-Design in eine klare puristische Linie zu übersetzen. 

Klar, puristisch – welche weiteren Schlagworte definieren euren Stil?

Avantgardistisch, was das Design angeht. Von der Gesamtphilosophie her versuchen wir, ein faires Label zu sein.

Ihr bietet fertige Kollektionen an, führt auch andere Brands und die dritte Variante ist, eigene personifizierte Unikate herzustellen. Fangen wir vorne bei euren Kollektionen an. Wie kann ich mir den Prozess von der Idee bis hin zum fertigen Design vorstellen?

Wir entwickeln in regelmäßigen Abständen Kollektionen oder auch einzelne Produkte, die dann zu unserer Hauptkollektion gehören. So führen wir z. B. die Main-Collection aus den Bauholz-Produkten – damit haben wir auch angefangen. Das Upcycling-Thema haben wir auch auf andere Materialien ausgeweitet. Mittlerweile arbeiten wir mit recyceltem und antikem Eichenholz, das von alten Parkettböden oder von Bootsstegen gewonnen wird. Einer unserer Schreiner lebt und arbeitet auf einem über hundert Jahre altem Gutshof in Mecklenburg-Vorpommern. Dort stehen ganz viele Hütten, die teilweise schon halb marode sind, aber noch wahnsinnig tolles Holz bieten, für das es ansonsten keine Verwendung mehr gäbe.

Ihr zieht euer Konzept also von A bis Z durch und achtet darauf, dass nicht nur behauptet wird, ein faires Label zu sein, sondern es auch tatsächlich zu leben – bei den Zulieferern angefangen.

So gut wie möglich! Wir können nicht zu 100 % garantieren, dass jedes einzelne Stück auch wirklich aus recyceltem Material besteht. Das ist einfach nicht umsetzbar. Aber wir versuchen, es soweit wie möglich durchzuziehen.

 

Wir haben bereits ein bisschen über euer Angebot gesprochen. Was ist der Anspruch bei der Zusammenstellung des Sortiments?

Abgesehen von unseren eigenen Produkten achten wir bei der Auswahl darauf, dass es weitestgehend kleinere Labels sind, die mit einem besonders hohen Designanspruch entstehen. Von der Regionalität her kann es aus Deutschland sein, wir hatten aber auch ein tschechisches und viele dänische Labels.

Wie kommt das mit Dänemark? Hat es einen besonderen Grund, dass so viele Labels von dort kommen?

Letztendlich war es nur die Designsprache, die unserer sehr nahe kam: dieses Puristische, das mit Traditionshandwerk verbunden ist – und dass es natürlich auch in der Produktion einen nachhaltigen Ansatz hat. Das heißt jetzt nicht, dass es ein absolutes Öko-Label sein muss, aber dass sie auf faire Bedingungen innerhalb ihrer Produktionskette achten.

Wie ist denn eigentlich euer Name entstanden?

Das sind die beiden Namen von Mikes Kindern: Johan und Lies – das „en“ ist das holländische „und“.

Das passt natürlich sehr schön zu einem kleinen Familienunternehmen. Wie spricht man den Namen jetzt richtig aus?

JOHAN – EN – LIES – wir haben den Namen extra so gewählt, dass man etwas drüber stolpert, aber die Idee dahinter dann doch erkennbar ist.

Was macht einen Besuch in eurem Store (online/offline) einzigartig?

Die Produkte sind letztlich eine Idee, die wir dem Kunden anbieten. Wir fertigen Kollektionen als Anregung und der Kunde kann die Produkte auch exakt so erhalten. Mit einem sehr besonderen Stil und in Kombination aus einem Produkt, das sehr zeitgenössisch und neu aussieht, aber gleichzeitig doch aus etwas Altem gemacht wurde.

... es ist dieser Mix

... ja, genau! Ein alter Rohstoff, aus dem ein neues Produkt auf eine Art und Weise geschaffen wird, die ein starkes Traditionshandwerk beinhaltet. Die Kollektionen, wie wir sie entwerfen, sind Beispiele – letztendlich wird jedes Produkt für jeden Kunden individuell gestaltet. Das heißt, der Kunde kann sagen, dass er diesen Tisch in der Größe, aber in einer anderen Farbe möchte. Oder er kann mit uns gemeinsam ein komplett neues Produkt entwickeln, solange es vom Stil her in unsere Linie passt.

Würdet ihr denn zu einer Idee, die anders ist, nein sagen?

Wir machen keine reinen Schreinerarbeiten. Wenn jemand eine Idee hat, sagt, dass sein Wohnzimmer so und so aussehe, er sich die und die Farben vorstellen könne, so ein bisschen die Richtung und wir entwickeln es gemeinsam – dann sehr, sehr gerne!

Thema Zielgruppe. Die ist ja nicht nur Berlin, schließlich habt ihr ja auch einen Online-Store. Identifiziert ihr euch zu 100 % mit der Stadt, nach dem Motto: Berlin spiegelt unsere Ideen wider oder ich finde mich in den Ideen der Stadt wieder. Ist das bei euch auch so oder betrachtet ihr euch eher losgelöst vom Standort?

Wir kommen beide nicht aus Berlin. Mike kommt, wie gesagt, aus den Niederlanden, ich komme aus Tübingen. Wir leben aber beide schon sehr lange in Berlin und lieben diese Stadt aufgrund verschiedener Faktoren, die es möglich machen, hier wirklich kreativ zu arbeiten. Es gibt wahnsinnig tolle Leute, die man einfach und schnell kennenlernt und mit denen man tolle Projekte verwirklichen kann. So wie jetzt z. B. auch die Zusammenarbeit mit State. In unserem letzten Showroom hatten wir immer wieder Ausstellungen und verschiedene Veranstaltungen, was letztlich natürlich auch durch ein tolles Netzwerk entstanden ist, was so in anderen Städten schwierig ist.

Das ist wirklich das Besondere an Berlin! Alles funktioniert mit jedem – fashion meets art meets interior meets ... alles beeinflusst sich gegenseitig und so entstehen neue Connections. Verschiedene Netzwerke verschmelzen zu einem großen Berlin-Netzwerk. Wie sieht denn euer typischer Einkäufer aus? Habt ihr eine Wunschvorstellung von den Leuten, für die ihr designt oder betrachtet ihr das eher losgelöst?

Letztendlich ist natürlich jeder willkommen! Natürlich haben wir uns am Anfang überlegt wie der Kunde aussieht, den wir ansprechen möchten. Angefangen hatten wir rein online: Viele Kunden kamen aus Hamburg, Stuttgart oder auch München, eher weniger aus Berlin. Was daran liegt, dass diese Städte etwas mehr Kaufkraft haben und in Berlin der Markt auch echt schwierig zu durchdringen ist. Es gibt ja eine wahnsinnige Vielfalt an kreativen Labels. Die Leute müssen einen erst einmal kennenlernen. Das dauert einfach ein bisschen. Als wir 2016 den Laden hier in Berlin eröffnet haben, kam ein riesiger Schub an Berlinern dazu, was nach wie vor auch so ist. Online wird mittlerweile auch stärker in Berlin geordert.

Ansprechen wollen wir den bewussten Einkäufer – das kann der Student sein, der grade seine erste Wohnung einrichtet, es kann aber auch das Seniorenpärchen sein, das auf der Suche nach etwas Neuem ist und ein bisschen weg möchte vom Klassischen.

Viele unserer Kunden sind aber auch mittleren Alters. Sie sind grade aus ihrer Studentenwohnung raus oder möchten einfach weg von IKEA und sind auf der Suche nach einem individuellen Produkt, das sie auch selbst mitgestalten können.

Standort Berlin – welche Insider-Tipps habt ihr? Was würdet ihr Locals, aber auch Berlin-Besuchern empfehlen?

Das Lok6 in Schöneberg, das auch komplett mit unseren Möbeln ausgestattet ist.

Wie lief das ab? Wer kam auf wen zu?

Sie haben uns durch Zufall auf Instagram gesehen. Auch wenn sie etwas komplett anderes machen, haben sie einen ähnlichen Ansatz. Sie machen sehr bodenständige Küche mit regionalen Zutaten. Sie haben jede Woche eine neue Karte, bestehend aus den Zutaten, die es saisonal gibt, und sind in der Umsetzung sehr kreativ.

Cool, da muss ich mal hin! Was hast du sonst noch in petto?

Das Pahr in Wedding mag ich sehr! Es befindet sich in einem Brutalismus-Bau und bietet saisonale Küche mit regionalen Produkten. Ansonsten das La Lucha in Charlottenburg.

 

Mehr Informationen hier: www.johanenlies.com // www.state-studio.com 

Text: Mareike Brünig 

Übersetzung: Kelly Niesen 

Bilder von JOHANENLIES